Von Pechvögeln und Glückspilzen: Was steckt wirklich hinter unserem Aberglauben?
- Benjamin Metzig
- vor 16 Stunden
- 6 Min. Lesezeit

Es geht wieder rund: Wer von euch hat noch nie auf Holz geklopft, nachdem er etwas zu Optimistisches gesagt hat? Oder ist vielleicht doch lieber einen kleinen Umweg gegangen, anstatt unter einer Leiter hindurchzuspazieren? Und wer hat nicht schon mal kurz gezögert, als eine schwarze Katze den Weg kreuzte? Selbst im 21. Jahrhundert, in unserer ach so aufgeklärten, wissenschaftsgetriebenen Welt, halten sich diese kleinen, oft irrationalen Rituale und Überzeugungen hartnäckig. Aberglaube – ein faszinierendes Phänomen, das tief in unserer menschlichen Natur verwurzelt zu sein scheint. Es ist doch verrückt, oder? Wir schicken Sonden zum Mars, entschlüsseln das menschliche Genom, aber ein zerbrochener Spiegel lässt uns immer noch erschaudern. Lasst uns mal gemeinsam eintauchen in diese seltsame, aber irgendwie auch menschliche Welt der Omen und Unglücksbringer!
Stellt euch mal vor, wie das früher gewesen sein muss. In Zeiten, in denen die Welt noch voller unerklärlicher Phänomene steckte, Seuchen wüteten, Ernten ausfielen und das Schicksal oft willkürlich zuzuschlagen schien. Da war es doch nur natürlich, nach Mustern zu suchen, nach Erklärungen, nach Wegen, das Unkontrollierbare irgendwie greifbar zu machen. Aberglaube bot – und bietet vielleicht immer noch – eine Art psychologischen Schutzschild. Er gibt uns das Gefühl, durch bestimmte Handlungen oder Vermeidungen Einfluss auf unser Schicksal nehmen zu können. Es ist der Versuch, Ordnung ins Chaos zu bringen, selbst wenn diese Ordnung auf wackeligen, irrationalen Füßen steht. Und so entstanden über Jahrhunderte hinweg unzählige kleine Regeln, Warnungen und Rituale, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden.
Nehmen wir den Klassiker schlechthin: den zerbrochenen Spiegel. Sieben Jahre Pech! Das sitzt tief. Aber woher kommt das eigentlich? Schon die alten Römer glaubten, dass Spiegel nicht nur das Abbild, sondern auch einen Teil der Seele einfangen. Ging der Spiegel zu Bruch, so glaubte man, würde auch die Seele beschädigt oder zersplittert. Und warum gerade sieben Jahre? Die Römer hatten zudem die Vorstellung, dass sich der menschliche Körper alle sieben Jahre komplett erneuert – also musste man eben diese Zeitspanne abwarten, bis die Seele wieder "geheilt" war. Ziemlich harter Tobak für ein Missgeschick beim Abstauben, findet ihr nicht auch? Aber die Angst, die eigene Seele zu verletzen, die ist schon ein starker Motivator, vorsichtig mit spiegelnden Oberflächen umzugehen.
Und dann ist da natürlich die schwarze Katze. In vielen Teilen Europas und Nordamerikas gilt sie als Unglücksbotin, als Begleiterin von Hexen, als wandelndes schlechtes Omen, besonders wenn sie den Weg von links nach rechts kreuzt. Aber Achtung, das ist keineswegs universell! In Großbritannien und Japan zum Beispiel werden schwarze Katzen oft als Glücksbringer angesehen. Eine schwarze Katze im Haus soll Wohlstand bringen oder, für Seefahrer, eine sichere Heimkehr garantieren. Verrückt, wie derselbe Vierbeiner je nach Kulturkreis so gegensätzliche Reaktionen hervorrufen kann! Das zeigt doch wunderbar, wie stark Aberglaube kulturell geprägt ist und weniger mit dem Objekt selbst als mit den Geschichten und Ängsten zu tun hat, die wir darauf projizieren.
Der Titel unseres heutigen Ausflugs in die Welt des Irrationalen erwähnt es ja schon: "Nicht über den Besen steigen!" Auch das ist so eine alte Weisheit. Die Gründe dafür sind vielfältig und oft regional unterschiedlich. Manchmal heißt es, man würde sonst unverheiratet bleiben oder kinderlos. In anderen Überlieferungen stört man damit die Hausgeister oder fegt sich quasi das eigene Glück aus dem Haus, wenn man achtlos über den am Boden liegenden Besen latscht. Der Besen, ein alltägliches Reinigungsgerät, wird hier zum Symbol für Ordnung, häuslichen Frieden oder sogar Fruchtbarkeit. Ihn zu missachten, bedeutet, diese symbolische Ordnung zu stören – mit potenziell unglücklichen Folgen.
Ähnlich seltsam mutet der Aberglaube an, man solle niemals einen Hut aufs Bett legen. Klingt erstmal harmlos, oder? Aber in manchen Kreisen, besonders im Theatermilieu oder auch in südeuropäischen Kulturen, gilt das als ganz schlechtes Omen, das Krankheit oder gar den Tod ankündigen kann. Eine mögliche Erklärung: Früher wurden Hüte oft mit Läusen oder anderen Krankheitserregern in Verbindung gebracht, und das Bett war der Ort der Genesung (oder eben des Sterbens). Eine andere Theorie besagt, dass der Priester bei der letzten Ölung seinen Hut oft neben das Sterbebett legte – der Hut auf dem Bett wurde so zum Symbol des nahenden Endes. Gruselig, wie Alltagsgegenstände plötzlich so eine düstere Bedeutung bekommen können!
Und wer kennt nicht die kleine Panik, wenn das Salzfass umkippt? Schnell eine Prise über die linke Schulter werfen, um den Teufel zu blenden, der dort angeblich lauert und auf solche Missgeschicke wartet! Salz war früher ein extrem kostbares Gut ("weißes Gold"), sein Verschütten daher ein echtes Ärgernis und vielleicht auch ein Symbol für drohenden Verlust oder Verschwendung. Das Gegenritual, das Werfen über die Schulter, ist wieder dieser typische Versuch, das vermeintlich ausgelöste Unheil aktiv abzuwenden, die Kontrolle zurückzugewinnen. Ähnliche Konnotationen können auch mit verschütteter Tinte verbunden sein – vielleicht ein Omen für schlechte Nachrichten oder misslungene Vorhaben.
Die Liste ließe sich endlos fortsetzen: Unter Leitern durchgehen (bringt Pech, weil man ein "magisches Dreieck" durchbricht oder einfach nur, weil etwas herunterfallen könnte?), die Zahl 13 meiden (besonders in Kombination mit einem Freitag – eine Mischung aus biblischen Motiven und nordischer Mythologie?), Scherben bringen Glück (außer Spiegelscherben, versteht sich!), auf Holz klopfen (um gute Geister anzurufen oder böse zu vertreiben?). Es ist ein riesiges Sammelsurium an Verhaltensregeln, die oft jeglicher Logik entbehren, aber dennoch – oder gerade deswegen? – eine ungeheure Faszination ausüben.
Aber warum hält sich das alles so hartnäckig, selbst bei Menschen, die sich als rational bezeichnen würden? Die Psychologie hat da ein paar spannende Antworten parat. Stichwort: Kognitive Verzerrungen. Unser Gehirn liebt Muster und Kausalzusammenhänge. Passiert nach einem "schlechten Omen" tatsächlich etwas Negatives (und sei es nur zufällig), merkt sich unser Gehirn diese Verbindung viel eher, als wenn nichts passiert (Bestätigungsfehler). Außerdem gibt uns das Befolgen dieser Regeln ein Gefühl der Kontrolle in einer ansonsten oft unberechenbaren Welt. Es ist eine Art Bewältigungsstrategie gegen Unsicherheit und Angst. Und mal ehrlich, oft kosten diese kleinen Rituale ja nichts und schaden auch nicht – also warum das Risiko eingehen? Wenn ihr mehr über solche faszinierenden Mechanismen unseres Gehirns erfahren wollt, tragt euch doch mal in unseren monatlichen Newsletter ein – das Formular findet ihr oben auf der Seite. Wir tauchen da regelmäßig tief in solche spannenden Themen ein!
Natürlich gibt es auch die Kehrseite. Wenn Aberglaube überhandnimmt, kann er zu Zwängen führen, das Leben einschränken und echte Ängste schüren. Die Grenze zwischen einer harmlosen Marotte und einer problematischen Fixierung kann fließend sein. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass diese Überzeugungen eben genau das sind: Überzeugungen, entstanden aus historischen Kontexten, kulturellen Prägungen und psychologischen Bedürfnissen, aber ohne nachweisbare reale Macht über unser Schicksal. Die schwarze Katze ist einfach nur eine Katze, der zerbrochene Spiegel ein kaputter Gegenstand und der Besen ein Werkzeug zum Putzen.
Ich muss gestehen, auch ich erwische mich manchmal dabei, wie ich auf Holz klopfe oder kurz innehalte, wenn mir eine Elster begegnet (die gilt ja je nach Anzahl auch als Omen). Es ist oft eher ein Automatismus, ein kulturelles Echo, als ein fester Glaube. Wie sieht das bei euch aus? Habt ihr auch solche kleinen, heimlichen abergläubischen Rituale? Oder schüttelt ihr bei sowas nur den Kopf? Lasst es mich und die anderen Leser doch in den Kommentaren wissen – ich bin super gespannt auf eure Geschichten und Meinungen! Und wenn euch dieser Beitrag gefallen hat, zeigt es doch mit einem Like!
Letztlich ist Aberglaube aber mehr als nur eine Ansammlung kurioser Regeln. Er ist ein Fenster in die menschliche Seele, in unsere kollektiven Ängste und Hoffnungen, in unsere Art, mit der Welt und ihren Unwägbarkeiten umzugehen. Er erzählt Geschichten über vergangene Zeiten, über kulturelle Werte und über die universelle menschliche Suche nach Sinn und Sicherheit. Wenn ihr Lust habt, über solche Themen weiterzudiskutieren und keinen Beitrag mehr zu verpassen, folgt uns doch auch auf Facebook und Instagram unter Wissenschaftswelle – dort gibt es immer wieder spannende Einblicke und Diskussionsstoff.
Auch wenn wir heute vieles wissenschaftlich erklären können, was unseren Vorfahren noch rätselhaft erschien, bleibt doch ein Rest an Unsicherheit, ein Gefühl der Ausgeliefertheit gegenüber den Launen des Lebens. Und vielleicht ist es genau dieser Rest, der dem Aberglauben immer wieder neue Nahrung gibt. Er ist ein Teil unseres kulturellen Erbes, ein manchmal skurriler, manchmal unheimlicher, aber immer irgendwie menschlicher Begleiter auf unserer Reise durch die Zeit.
Was meint ihr? Ist Aberglaube nur ein Relikt aus vergangenen Tagen, das wir getrost über Bord werfen können? Oder erfüllt er vielleicht doch noch eine Funktion, sei es als psychologische Krücke, als kultureller Kitt oder einfach als Quelle für faszinierende Geschichten und ein bisschen Nervenkitzel im Alltag? Eine Frage, über die es sich definitiv lohnt, einmal nachzudenken.
#Aberglaube #Unglück #Glücksbringer #Rituale #SchwarzeKatze #ZerbrochenerSpiegel #Kulturgeschichte #Psychologie #Volksglaube #Mythen #Alltagsmagie
Comments