Sexmythen entlarvt: Was die Wissenschaft wirklich weiß!
- Benjamin Metzig
- vor 3 Tagen
- 7 Min. Lesezeit

Heute begeben wir uns auf eine aufregende Reise in ein Gebiet, das uns alle betrifft, aber oft von einem Schleier aus Halbwahrheiten, überlieferten Weisheiten und manchmal schlichtem Unsinn umgeben ist: unsere Sexualität. Es ist doch faszinierend, oder? Einerseits ist Sex etwas zutiefst Menschliches, Intimes und Natürliches, andererseits ranken sich darum Mythen, die sich hartnäckiger halten als Kaugummi unter der Schuhsohle. Ich finde es unglaublich spannend, diese Mythen mal genauer unter die Lupe zu nehmen und zu schauen, was die Wissenschaft – die echte, knallharte Forschung – dazu zu sagen hat. Lass uns gemeinsam ein bisschen Licht ins Dunkel bringen und schauen, wo wir vielleicht jahrelang falschen Annahmen aufgesessen sind. Bist du bereit, ein paar weit verbreitete Überzeugungen zu hinterfragen? Los geht's!
Einer der wohl bekanntesten und kulturell aufgeladensten Mythen dreht sich um das sogenannte „Jungfernhäutchen“, das Hymen. Die Vorstellung, es sei ein eindeutiges Siegel der Jungfräulichkeit, das beim ersten vaginalen Geschlechtsverkehr unweigerlich reißt und blutet, ist tief in vielen Gesellschaften verwurzelt. Doch wenn wir die Biologie fragen, erzählt sie eine ganz andere Geschichte! Das Hymen ist keine Folie, die die Vagina verschließt – wie sollte sonst Menstruationsblut abfließen? Es ist vielmehr ein flexibler Gewebesaum am Vaginaleingang, dessen Form, Dicke und Dehnbarkeit von Mensch zu Mensch unglaublich stark variiert. Manche haben kaum ein erkennbares Hymen, bei anderen ist es so elastisch, dass es auch beim Sex oder durch Tampons nicht einreißt. Und die Blutung beim „ersten Mal“? Die tritt tatsächlich nur bei etwa einem Drittel bis zur Hälfte der Frauen auf und kann genauso gut durch kleine Risse in der Vaginalschleimhaut aufgrund von Reibung oder Nervosität entstehen. Die Wissenschaft ist sich absolut einig: Das Aussehen des Hymens sagt absolut nichts über die sexuelle Vergangenheit einer Person aus. Diese „Jungfräulichkeitstests“ sind nicht nur unwissenschaftlich, sondern auch ethisch höchst problematisch und potenziell traumatisierend. Es ist wirklich erstaunlich, wie stark ein sozialer Mythos biologische Fakten überlagern kann, findest du nicht auch?
Bleiben wir mal bei den biologischen Vorgängen und einem weiteren hartnäckigen Irrglauben: Sex während der Periode sei quasi eine eingebaute Verhütungsmethode, da könne ja nichts passieren. Klingt erstmal logisch, oder? Blutung da, also kein Eisprung in Sicht. Aber Moment mal, unser Körper ist keine perfekt getaktete Maschine! Spermien sind nämlich erstaunlich zäh und können im weiblichen Körper bis zu fünf Tage überleben. Gleichzeitig ist der Menstruationszyklus alles andere als einheitlich – der oft zitierte 28-Tage-Rhythmus ist nur ein Durchschnitt. Bei manchen Frauen ist der Zyklus kürzer, und der Eisprung findet entsprechend früher statt. Jetzt rechnen wir mal zusammen: Wenn du gegen Ende deiner Periode ungeschützten Sex hast und dein Eisprung zufällig kurz danach stattfindet, können die „wartenden“ Spermien durchaus noch fit genug sein, um die Eizelle zu befruchten. Das Risiko ist zwar geringer als um den Eisprung herum, aber es ist definitiv nicht Null! Auf Sex während der Periode als Verhütung zu vertrauen, ist also keine gute Idee. Wenn du keine Schwangerschaft planst, ist ein zuverlässiger Schutz immer die bessere Wahl.
Und wo wir gerade bei Verhütungsmethoden sind, die vielleicht nicht ganz so sicher sind, wie gedacht: der Coitus interruptus, besser bekannt als „Rausziehen“. Viele verlassen sich darauf, oft in dem Glauben, dass der sogenannte „Lusttropfen“ (Präejakulat), der schon vor dem eigentlichen Samenerguss austritt, harmlos sei. Doch die Wissenschaft zeichnet hier ein differenzierteres Bild. Zuerst einmal zur Methode selbst: Das rechtzeitige Rausziehen erfordert eine enorme Selbstkontrolle und perfektes Timing, was im Eifer des Gefechts nicht immer gelingt. Die Statistik spricht Bände: Bei „typischer Anwendung“, also so wie es im echten Leben oft passiert, liegt die Versagerquote bei satten 18 bis 27 Prozent! Das heißt, fast jedes vierte bis fünfte Paar, das so verhütet, wird innerhalb eines Jahres schwanger. Und was ist mit dem Lusttropfen? Nun, die Forschung ist sich nicht ganz einig, aber mehrere Studien haben tatsächlich bewegliche Spermien im Präejakulat nachgewiesen. Wie kommen die dahin? Vermutlich sind es Überbleibsel einer vorherigen Ejakulation, die in der Harnröhre zurückgeblieben sind und mit dem Präejakulat ausgespült werden. Ob vorheriges Urinieren hilft, ist unklar. Das Fazit: Auch wenn es besser ist als gar nichts, ist das Rausziehen eine der unsichersten Methoden und schützt natürlich auch nicht vor sexuell übertragbaren Infektionen. Um das mal einzuordnen, hier ein kleiner Vergleich (Zahlen sind Schätzungen für das erste Anwendungsjahr):
Methode | Typische Anwendung (%) | Perfekte Anwendung (%) |
Sehr effektiv | ||
Verhütungsstäbchen | <1 | <1 |
Hormonspirale (IUS) | <1 | <1 |
Kupferspirale (IUD) | <1 | <1 |
Effektiv | ||
Kombinationspille | 7 | <1 |
Verhütungsring | 7 | <1 |
Weniger effektiv | ||
Kondom (Mann) | 13 | 2 |
Coitus interruptus | 20-22 | 4 |
NFP (Symptothermal) | 2-23 | <1-5 |
Quellen: Angepasst von CDC, Trussell (2011). Zahlen können variieren.
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Verlassen wir mal die Ebene der Biologie und Verhütung und wenden uns einem Mythos zu, der eher die Psyche und das Körperbild betrifft: „Auf die Größe kommt es an“. Fast jeder hat das schon mal gehört, meist bezogen auf die Penislänge als angeblich entscheidenden Faktor für weibliche sexuelle Befriedigung. Und als ob das nicht genug wäre, geistert auch noch die absurde Idee herum, man könne die Penisgröße an der Nase, den Händen oder Füßen ablesen. Letzteres können wir gleich abhaken: Das ist kompletter Unsinn ohne jede wissenschaftliche Grundlage. Aber was ist mit der Größe und der Befriedigung? Hier wird es komplexer, aber die Forschung zeigt: Die Penisgröße ist bei weitem nicht der wichtigste Faktor. Viel entscheidender für die sexuelle Zufriedenheit, insbesondere bei Frauen, sind Dinge wie die emotionale Verbundenheit zum Partner, gute Kommunikation, Vertrauen, die allgemeine Beziehungszufriedenheit, aber auch sexuelles Wissen, Selbstbewusstsein und – ganz wichtig – die Art der Stimulation. Klar, manche Frauen äußern Präferenzen, interessanterweise oft eher für etwas mehr Umfang als Länge, aber diese Vorlieben liegen meist nur knapp über dem Durchschnitt. Und hier kommt der Clou: Während viele Männer sich Sorgen um ihre Penisgröße machen, ist die überwältigende Mehrheit der Frauen mit der Größe ihres Partners zufrieden! Die männliche Angst scheint also oft größer zu sein als das tatsächliche „Problem“.
Was sind deine Gedanken dazu? Deckt sich das mit dem, was du vielleicht bisher geglaubt oder erlebt hast? Ich finde es immer wieder faszinierend, wie kulturelle Vorstellungen unser Bild von Sexualität prägen. Lass mir gerne einen Kommentar da, ich bin gespannt auf deine Meinung! Und wenn dir dieser Faktencheck gefällt, freue ich mich über ein Like für den Beitrag!
Eng damit verbunden ist ein weiterer Mythos, der sich um den weiblichen Orgasmus rankt: die Idee des „vaginalen Orgasmus“ als dem einzig „wahren“ oder „reiferen“ Höhepunkt, oft verbunden mit der Suche nach dem mysteriösen G-Punkt. Demgegenüber würde der Orgasmus durch Klitorisstimulation als weniger wertvoll gelten. Doch was sagt die Anatomie und Neurowissenschaft? Die Klitoris ist weit mehr als nur die sichtbare kleine Perle! Sie hat ausgedehnte innere Schenkel und Schwellkörper, die sich tief in den Körper erstrecken und die Vagina und Harnröhre umschließen. Dieses Organ ist vollgepackt mit Tausenden von Nervenenden – mehr als 8.000, um genau zu sein! Die Forschung ist eindeutig: Für die allermeisten Frauen ist die direkte oder indirekte Stimulation der Klitoris der Schlüssel zum Orgasmus. Nur eine Minderheit kommt regelmäßig allein durch Penetration zum Höhepunkt. Und der G-Punkt? Seine Existenz als eigenständige anatomische Struktur ist wissenschaftlich höchst umstritten. Zwar berichten Frauen von einer empfindlichen Zone an der vorderen Vaginalwand, aber diese Empfindungen lassen sich wahrscheinlich besser durch die Stimulation der inneren Klitorisanteile, der Harnröhre oder der nahegelegenen Skene-Drüsen erklären – ein Zusammenspiel, das man auch als „klitourethrovaginalen Komplex“ bezeichnet. Die Vorstellung eines rein „vaginalen“ Orgasmus, getrennt vom klitoralen, ist also eher ein Relikt aus Zeiten unvollständigen Wissens. Das Gehirn verarbeitet Reize aus Vagina und Klitoris zwar leicht unterschiedlich, aber das Erleben ist meist ein integriertes Ganzes. Die Konzentration auf die Klitoris in ihrer Gesamtheit ist der effektivste Weg.
Zum Abschluss noch ein Mythos aus der Kategorie „Gut gemeint ist das Gegenteil von gut“: Die Annahme, zwei Kondome übereinander würden doppelten Schutz bieten. Klingt logisch, mehr Barriere = mehr Sicherheit, oder? Leider nein! Das Problem ist die erhöhte Reibung zwischen den beiden Kondomschichten. Diese Reibung strapaziert das Material und erhöht das Risiko, dass die Kondome reißen oder platzen – und dann ist der Schutz natürlich dahin. Alle großen Gesundheitsorganisationen raten deshalb dringend davon ab, zwei Kondome gleichzeitig zu verwenden, egal ob zwei Männerkondome oder ein Männer- und ein Frauenkondom (Femidom). Ein einzelnes Kondom, aber korrekt und konsequent angewendet, bietet bereits einen sehr hohen Schutz vor Schwangerschaft und sexuell übertragbaren Infektionen. Wenn zusätzlicher Schutz gewünscht ist, dann ist die Kombination eines Kondoms mit einer anderen zuverlässigen Verhütungsmethode (wie der Pille oder Spirale – „Dual Protection“) der richtige Weg.
Puh, das war ein ziemlicher Ritt durch die Welt der Sexmythen! Was nehmen wir mit? Vor allem eines: Wissen ist Macht! Wenn wir die wissenschaftlichen Fakten kennen, können wir Mythen entlarven, die uns vielleicht unnötig verunsichern, unter Druck setzen oder sogar zu riskantem Verhalten verleiten. Genaue Informationen über unseren Körper und unsere Sexualität helfen uns, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen, besser mit Partnerinnen und Partnern zu kommunizieren und letztlich sicherere und erfüllendere sexuelle Erfahrungen zu machen. Es lohnt sich also, neugierig zu bleiben, Informationen kritisch zu hinterfragen (besonders im Internet!) und auf vertrauenswürdige Quellen wie Ärzte, Beratungsstellen oder anerkannte Gesundheitsorganisationen zu setzen.
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Lasst uns gemeinsam Mythen entlarven und die faszinierende Welt der Sexualität mit offenen Augen und fundiertem Wissen erkunden. Was ist der hartnäckigste Sexmythos, dem du je begegnet bist?
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Quellen:
Hymen/Jungfräulichkeit: Systematische Übersichtsarbeit zur Unzuverlässigkeit von Jungfräulichkeitstests und WHO-Statements. (z.B. Olson & García-Moreno, 2017; WHO, 2018)
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6547601/ (Mishori et al., 2019)
Periode & Schwangerschaft: Artikel, die Spermienüberlebensdauer und Zyklusvariabilität erklären. (z.B. Medical News Today; Wilcox et al., 2000 für fertile window)
Coitus Interruptus/Präejakulat: Studien zur Effektivität und zum Spermiengehalt im Präejakulat. (z.B. Trussell, 2011 für Effektivität; Killick et al., 2011 oder neuere Übersichtsarbeiten für Präejakulat)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3564677/ (Sperm content of pre-ejaculatory fluid)
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23921858/ (Use of withdrawal and unintended pregnancy)
Penisgröße & Zufriedenheit: Studien zu Präferenzen und zur Diskrepanz zwischen männlicher Sorge und weiblicher Zufriedenheit. (z.B. Lever et al., 2006; Prause et al., 2015 zu Präferenzen; Veale et al., 2024 zu Durchschnittsgrößen)
https://psycnet.apa.org/record/2006-09752-001 (Lever et al., 2006)
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC4558040/ (Prause et al., 2015 - 3D models study)
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11923605/ (Veale et al., 2024 - Meta-Analysis Penis Size)
G-Punkt/Klitoris/Orgasmus: Übersichtsarbeiten zur G-Punkt-Kontroverse und Studien zur Bedeutung der Klitoris. (z.B. Vieira-Baptista et al., 2021 zur G-Punkt-Kontroverse; Lloyd et al., 2017 oder Herbenick et al., 2018 zur Klitoris/Orgasmus)
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC8498956/ (Vieira-Baptista et al., 2021 - G-Spot Review)
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29079939/ (Lloyd et al., 2017 - Orgasm during intercourse)
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.3402/snp.v6.32578 (Pfaus et al., 2016 - Clitoral vs Vaginal Orgasm)
Doppelte Kondome: Empfehlungen von Gesundheitsorganisationen und Erklärungen zum Reibungsrisiko. (z.B. CDC, Planned Parenthood, Verywell Health Artikel)
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