Stell dir vor, jemand sieht zum ersten Mal einen Schachbrett, kennt nur die Figurennamen – und erklärt dir dann selbstbewusst, wie du Weltmeister wirst. Willkommen beim Dunning-Kruger-Effekt, dem vielleicht unangenehmsten Phänomen der Alltagspsychologie – und gleichzeitig einem der lustigsten, wenn man es von außen beobachtet.
Der Dunning-Kruger-Effekt beschreibt eine kognitive Verzerrung, bei der Menschen mit geringem Wissen oder geringer Kompetenz auf einem Gebiet ihre Fähigkeiten massiv überschätzen.
Gleichzeitig unterschätzen sie die Fähigkeiten anderer – oder erkennen sie gar nicht erst. Klingt wie ein Facebook-Kommentarbereich zu Impfungen? Genau das.
Der Effekt wurde 1999 von den US-Psychologen David Dunning und Justin Kruger entdeckt – und zwar nach einem ziemlich schrägen Vorfall: Ein Mann hatte zwei Banken überfallen, weil er glaubte, Zitronensaft im Gesicht mache ihn unsichtbar für Überwachungskameras. (Er hatte gehört, Zitronensaft funktioniert als „unsichtbare Tinte“… no joke.)
Was Dunning und Kruger daraus ableiteten: Unwissenheit kann doppelt problematisch sein – nicht nur, weil man etwas nicht weiß, sondern weil man nicht merkt, dass man es nicht weiß. Diese „Metainkompetenz“ verhindert, dass man seine Wissenslücken erkennt oder dazulernt. Und das führt zu überzogenem Selbstvertrauen.
Typisch für den Effekt:
Anfänger:innen sind zu selbstsicher.
Fortgeschrittene zweifeln oft an sich (weil sie erst jetzt die Komplexität erkennen).
Expert:innen sind oft wieder gelassener – sie wissen, was sie wissen, und was nicht.
Der Effekt betrifft uns übrigens alle. Jeder kann in bestimmten Bereichen Opfer dieser Verzerrung werden – sei es beim Kochen, Autofahren, Politikdiskussionen oder Technikfragen („Ich hab’s bei YouTube gesehen – ich mach das jetzt selbst“).
Aber: Wenn man sich der eigenen Unwissenheit bewusst wird, beginnt der Weg zur echten Kompetenz. Der Dunning-Kruger-Effekt ist also nicht nur eine Warnung – sondern auch eine Einladung zur Neugier und Demut.