64 : Der Große Brand von Rom: Neros Fiedel oder Fegefeuer der Christen?
Am 01. Juli 64 n. Chr.: Ein Datum, das sich ins kollektive Gedächtnis der Menschheit eingebrannt hat. In dieser Nacht entfesselte sich in Rom ein Inferno, wie es die antike Welt noch nicht gesehen hatte. Ein Feuersturm, der die Stadt sechs Tage und sieben Nächte lang heimsuchte, alles verschlang und Rom in ein flammendes Meer aus Zerstörung und Leid verwandelte. Dieses katastrophale Ereignis, bekannt als der Große Brand von Rom, markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des Römischen Reiches. Es ist untrennbar mit der umstrittenen Figur des Kaisers Nero verbunden und wirft bis heute entscheidende Fragen auf: War es ein tragischer Unfall, ausgelöst durch die überfüllte und chaotische Stadtplanung Roms? Oder war es das Ergebnis einer perfiden Brandstiftung, orchestriert vom wahnsinnigen Kaiser selbst, der, wie die Legende behauptet, auf den Trümmern seiner Stadt Fiedel spielte? Und was hat es mit der darauffolgenden Christenverfolgung auf sich - war sie eine Reaktion auf ein vermeintliches Attentat oder ein willkommener Vorwand, um eine unliebsame Minderheit auszumerzen? Dieser Text wird diese Fragen untersuchen, die Fakten von der Fiktion trennen und die komplexen politischen, sozialen und religiösen Verwerfungen beleuchten, die durch das Feuer aufgedeckt und verschärft wurden.
Rom am Abgrund: Eine Stadt reif für die Katastrophe
Um die Ursachen des Brandes zu verstehen, müssen wir einen Blick auf das Rom des 1. Jahrhunderts n. Chr. werfen. Die Stadt war ein Moloch, ein pulsierender, aber chaotischer Schmelztiegel mit geschätzten 1 Million Einwohnern. Eng aneinander gedrängte insulae, mehrstöckige Mietshäuser aus Holz und Lehmziegeln, dominierten das Stadtbild. Feuer waren an der Tagesordnung. "Die Gefahr durch einstürzende oder brennende Häuser ist in Rom tatsächlich groß", klagte der Satiriker Juvenal treffend. Die Stadt war, wie der Historiker Tacitus es formulierte, ein "Sammelbecken aller Abscheulichkeiten und Schandtaten". Die Infrastruktur war überlastet, die Brandbekämpfung rudimentär. Eine Feuerwehr im modernen Sinne existierte nicht. Die vigiles, eine Truppe von etwa 7.000 Mann, die ursprünglich von Augustus gegründet wurde, war für die Bekämpfung von Bränden und die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Stadt zuständig, doch ihre Mittel waren begrenzt und ihre Effizienz fraglich. Kurzum: Rom war eine tickende Zeitbombe, und in der Nacht des 19. Juli 64 n. Chr. explodierte sie.
Feuersturm: Der Ausbruch und die Folgen
Das Feuer brach in den Läden rund um den Circus Maximus aus, einem Gebiet voller brennbarer Waren. Ein starker Wind trieb die Flammen rasch durch die engen Gassen. Panik brach aus. Die insulae wurden zu Todesfallen. Tacitus beschreibt das Chaos eindringlich: "Das Geschrei der verängstigten Frauen, die Hilflosigkeit der Greise und Kinder, die Eile derer, die sich selbst zu retten suchten, und derer, die anderen beistanden". Die vigiles waren machtlos gegen die rasende Feuersbrunst. Sechs Tage lang wütete das Feuer, bevor es endlich unter Kontrolle gebracht werden konnte. Doch das Ausmaß der Zerstörung war verheerend. Von den 14 Stadtbezirken Roms wurden drei völlig zerstört, sieben schwer beschädigt. Tausende waren obdachlos, zahllose Menschen hatten ihr Leben verloren. Der materielle Schaden war unermesslich.